Projekt SonoMorphis

Format
Interaktive audiovisuelle Installation mit genetischer Grafik und Ton

Leistung
Idee Audio
Projektleitung Audio
Entwicklung der Audio-Renderingsoftware
Projektierung Audio-Hardware
Systemintegration
Sounddesign

Status
Realisiert 1995 – 1998
Seit 2004 Teil der Sammlung des ZKM Medienmuseums Karlsruhe.

Ausstellungen
BioMedien: Das Zeitalter der Medien mit lebensähnlichem Verhalten, ZKM Karlsruhe 2021-22
Produced @: media art revisited, ZKM Karlsruhe 2009-2010
YOU_ser: Das Jahrhundert des Konsumenten, santralistanbul, Istanbul, Türkei 2009
Sono reMorphed beim Panoramic Projection Festival, ZKM Karlsruhe 2007
Bibliotheca Insomnia. Das digitale Bauhaus II, Bauhaus-Universität Weimar 2006
Dauerausstellung Meisterwerke der Medienkunst, ZKM Medienmuseum Karlsruhe 2004-2006
Opernfestpiele München / Festspiele+, Haus der Kunst München 2004
Art of Immersion, CAVE version. BEC / Fraunhofer Gesellschaft Bonn 2002
Festival des ZKM Musikinstituts, Karlsruhe 2002
Festival Schloss Kapfenburg 2001
Warschauer Herbst 2000
VIA Festival Maubeuge 2000
EXIT Festival Paris 2000
Stuttgarter Filmwinter, CAVEE version. Fraunhofer IAO 1999
SurroGate Festival, ZKM Karlsruhe 1998

Die kompakte Mobilversion von SonoMorphis lässt sich leicht transportieren und flexibel in räumliche Settings unterschiedlicher Größen integrieren. Ihre Anfrage zu Verfügbarkeit und Tarifen beantworten wir gern.

Info
zkm/meisterwerke
www.bernd-lintermann.de

Credits
Bernd Lintermann (Grafik)
ZKM Karlsruhe (Production Support)

Konzept
SonoMorphis ist eine interaktive Installation mit genetischer Graphik und Ton. Grundidee ist die Herstellung eines Instruments mit grafischer und klanglicher Dimension, das auf die Spielweise des Instrumentalisten nuancenreich und genau reagiert. Auflösung und Anzahl der Möglichkeiten sollten so gewählt werden, dass ein ausdrucksvolles, variables und gestaltendes Spiel möglich ist.
 
Räumlicher Aufbau
An der vorderen Wand des Installationsraums wird eine dreidimensionale vielfarbige Gestalt projiziert, die aus einer Vielzahl organisch anmutender Komponenten zusammengesetzt ist und sich in ständiger Bewegung befindet. In der Mitte des Raums ist für den Spieler eine Steuerpult mit Knöpfen und Schiebereglern positioniert. Um den Spieler sind sechs Lautsprecher platziert, die die klangliche Repräsentation der Gestalt hörbar machen.

Die Steuereinrichtung ermöglicht dem Spieler, die der organischen Gestalt wie ihrem Klang zugrundeliegende Datenstruktur in ihrer Entwicklung zu steuern. Die Gestalt wird von einem Genom definiert, einem Satz von Komponenten, die kontinuierlich vom Spieler mutiert werden können. Diese Komponenten bezeichnen individuelle Struktur- oder Formmerkmale der Gestalt. Einige Komponenten beschreiben die Geometrie eines einzelnen Arms oder Blatts, andere arrangieren diese Arme und Blätter anhand bestimmter Muster. Die Geometrie der Komponenten wird durch Regeln definiert, deren Prinzipien aus der Naturbeobachtung abgeleitet sind.

Aus einem gegebenen Vorrat an unterschiedlichen Komponenten setzt sich der Gen-Pool zusammen, aus dem das aktuelle Genom gebildet wird. Die Auswahl der Komponenten des Genoms wird durch Zufallsgrößen gesteuert, die möglichen Operationen für die seine Komposition sind einfügen, löschen und Änderung der Verbindungen der Komponenten untereinander. Zusätzlich erhält jede Komponente eine Gruppe von Parametern, die ihr Erscheinungsbild regelt, z.B. Breite, Länge, Krümmung, Farbe, Textur usw.

Interaktion
Über Knöpfe der Steuereinrichtung läßt sich die Zusammensetzung der projizierten Gestalt verändern, indem einzelne Komponenten sowohl hinzugefügt wie gelöscht werden können. Die Interaktion folgt dem evolutionären Prinzip der Mutation des grafischen Objekts und der Selektion aus Varianten. Dies geschieht mittels einer Vorauswahl aus fünf Elementen, deren Erzeugung mittels der Knöpfe ausgelöst wird und die als Standbilder in einer Leiste am unteren Bildrand angezeigt werden. Durch Auswahl eines der fünf Elemente werden die Änderungen in die bewegte Gestalt übernommen. Die konkrete Zusammensetzung der Komponenten, die in der Vorauswahl angeboten werden, wird von Zufallsprinzipien gesteuert.

Die einmal eingefügten Komponenten lassen sich mittels der Schieberegler dynamisch beeinflussen. Sie können bewegt, gedreht und aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden. Parameter des Objekts wie Länge, Breite, Biegung, Bewegungspuls, Nervosität der Bewegung und dergleichen können nuanciert gesteuert werden.

Kopplung
Das Zusammenspiel von Grafik und Ton wurde von dataphonic so konzipiert, dass die zugrundeliegende zentrale Datenstruktur auf zwei Weisen simultan dargestellt wird, zum einen durch eine grafische Repräsentation, zum anderen durch eine klangliche Interpretation. Ziel ist es, eine Hierarchie zwischen Bild- und Tonebene ebenso zu vermeiden wie eine schlichte Verdopplung des Dargestellten. Statt dessen sind beide Ebenen durch dieselbe Struktur definiert und gehen gleichursprünglich aus ihr hervor.

Den gut 30 zur Verfögung stehenden Komponenten wird in der klanglichen Interpretation eine spezifische Gruppe von Eigenschaften zugewiesen, die die Art des resultierenden Klangspektrums definiert. Dies ist erstens die angenommene Materialeigenschaft, die das Grundtimbre definiert. Zweitens ist es die Art und Weise, in der eine Komponente angeregt wird, so dass sie zu schwingen beginnt und dadurch Klang produziert. Dreidimensionale Form und Größe der Objekte, die gleichwohl ihr Schwingungsverhalten steuern, werden durch die zugrundeliegende Datenstruktur bestimmt.

Bei der Wahl des Materials haben sich Metalle als vorteilhaft herausgestellt, da sie mit ihren rauhen bis schrillen Timbres in Kontrast zu den harmonischen, glatten Formen der Visualisierung treten können und so der Wahrnehmung von Verdopplung und Begleitung vorbeugen. Als Modi der kinetischen Anregung wurden das Streichen mit einem Bogen sowie das Anblasen durch Einzel- und Doppelblattmundstöcke gewählt, da sie in Verbindung mit den Objekteigenschaften eine reiche Palette harmonischer wie disharmonischer Spektren bieten.

Eine Orientierung zum Erlernen der Zuordnung der beiden Repräsentationsebenen bietet die räumliche Anordnung der graphischen und klanglichen Objekte. Im Sinne einer Hilfestellung wurden für diesen Parameter die Horizontale sowie die Tiefendimension beider Ebenen konkordant abgebildet. Wandert ein graphisches Objekt von rechts nach links, wandert auch das Klangobjekt. Bewegt sich ein Klang in die Tiefe der dreidimensionalen Darstellung, entfernt sich die entsprechende visuelle Komponente ebenfalls vom Betrachter.

SonoMorphis ist digital konzipiert. Ohne die Inanspruchnahme und Anwendung derjenigen Eigenschaften, die lediglich digitalen Rechenautomaten eigen sind, wäre die Installation nicht denkbar. Dies gilt sowohl für die genetischen Algorithmen der Grafik als auch für die Modellierung der klanglichen Eigenschaften schwingender physischer Systeme. Darüber hinaus existiert keine explizite inhaltliche Ebene, auf der eine Geschichte erzählt wird. Spieler und Publikum sind eingeladen, die durch keinen irdenen Rest getrübte, pure Syntax zu genießen. Zu sehen und zu hören sind einzig tönend bewegte Formen.

Web-Interface
Zusätzlich zur Steuereinrichtung in der Installation besteht die Möglichkeit, diejenigen Operationen, die die Zusammensetzung des Genoms und damit seine visuelle und klangliche Repräsentation steuern, synchron über das World Wide Web auszulösen. So ist es möglich, mit mehreren Teilnehmern auf demselben Genom zu spielen.

Rezensionen
Ein besonders beindruckendes Experiment aus dem ZKM ist "Sonomorphis" Endlose Variationen einer Form. Der Zuschauer hat die Möglichkeit zu bestimmen, in welche Richtung die Veränderungen gehen. Niemals, dafür sorgt die Mathematik, wiederholt sich eine Form. [Josef Schnelle im DeutschlandRadio 10.03.2001]

Interactive installation artists such as Ken Feingold, Masaki Fujihata, and Germans Bernd Lintermann and Torsten Belschner, positively encourage viewers to create their own narratives or associations with their interactive works, designing them with this purpose – and challenging notions of authorship. [www.artandculture.com 2002]